Zwei Jahre ist es her, da beschloss Sékou Allaye Bolly, den Kampf gegen den Terror in seiner Heimat selbst in die Hand zu nehmen. Damit die Welt davon erfuhr, drehte der Geschäftsmann aus Mali erst einmal ein Video. Man sieht Bolly, den mächtigen Kopf kahl geschoren, die bullige Gestalt in Tarnanzug und kugelsicherer Weste. Eine feine, rahmenlose Brille sitzt auf seiner Nase, er trägt funkelnde Ringe und eine dicke glitzernde Uhr. "Ich rufe euch auf, mir zu folgen", sagt er an die Adresse der Männer, um die auch die Dschihadisten buhlen. Hinter ihm stehen Dutzende Kerle. Er habe schon ein Camp eingerichtet für die Männer, die den Terrorgruppen abschwören.

Seit Jahren kämpfen in Mali die nationale Armee und Militärs aus aller Welt gegen Ableger von Al-Kaida und dem "Islamischen Staat". Ohne Erfolg. Längst destabilisieren Dschihadisten auch die Nachbarländer Niger und Burkina Faso und bedrohen die Region am Golf von Guinea. Und jetzt will ausgerechnet ein Geschäftsmann ein Gegenmittel gefunden haben?

Anfang 2020 begegnen wir, der ZEIT-Reporter und sein Übersetzer, Sékou Bolly zum ersten Mal. Ein Abend im Petit Cabaret in der zentralmalischen Stadt Sévaré. Hip-Hop dröhnt aus den Boxen, Lichterketten tauchen die Bar in dunkle Rot- und Blautöne. Bolly sitzt in einer Ecke unter einem Ventilator. Dieses Mal trägt er statt Tarnfleck ein Polohemd von Tommy Hilfiger. Er macht PR in eigener Sache. Hunderte junge Männer habe er schon aus den Fängen der Terroristen gerettet; nicht nur in Sévaré, auch in anderen Orten habe er Camps für sie eröffnet. Es gebe Schlafplätze und etwas zu essen. Die Kosten trage er selbst. Er sei Goldhändler. "Die malische Regierung hat mir keinen Cent gegeben." Er wolle für die Männer einen Platz in der Gesellschaft finden, eine Ausbildung, einen Job. Warum er das tut? "Wenn man anderen Menschen hilft, bekommt man Hilfe von Gott." Dann muss Bolly weiter. Aber er werde uns bei nächster Gelegenheit alles zeigen …